Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was verzählen. So beginnt das Gedicht Urians Reise um die Welt des deutschen Dichters Matthias Claudius. Wenn jemand eine Wanderung am Schladminger Höhenweg tut, so kann er gleichsam verzählen wie ein Kopf leer und doch voller Erinnerungen sein kann. Wie die Wadln beim Treppensteigen schmerzen und die Milch aus dem Tetrapack nie so schmecken wird wie frisch aus dem Euter. Und wo die Heidelbeeren am saftigsten sind, knapp über der Baumgrenze nämlich. Willst du bald solche Geschichten verzählen? Dann helfen die Tipps zum Schladminger Höhenweg – handverlesen von einer, die eine Wanderung getan hat.
Die Eckpunkte
Der Schladminger Höhenweg ist ein Weitwanderweg in den Schladminger Tauern. Teile des Weges sind Abschnitte des Zentralalpenweges Nummer 2. Die Schladminger Tauern sind ein Teil der Niederen Tauern, einer Gebirgsgruppe in den Ostalpen. Die Niederen Tauern erstrecken sich über zwei österreichische Bundesländer: die Steiermark und Salzburg. Beide Bundesländer durchwandert man auch am Schladminger Höhenweg.
Länge
Du kannst den Schladminger Höhenweg sieben oder fünf Tage bewandern. Die längere Variante erstreckt sich über ungefähr 70 Kilometer. Bei der Tour mit fünf Etappen bringst du 45 Kilometer hinter sich. Allerdings kannst du an manchem Streckenabschnitten Alternativrouten wählen oder zusätzlich Gipfel besteigen – dann ändert sich die Länge naturgemäß.
Reisezeit
Bewandert wird der Schladminger Höhenweg in den Monaten Juli bis September. Bei unserer Wanderung in der letzten Augustwoche war es abends schon frisch. Wird es im September kalt, kann es sein, dass die Waldhornalm (Tag 4) nicht mehr bewirtschaftet wird. Im den klassischen Urlaubsmonaten sind aber auch mehr Wanderer unterwegs. Wenn du es dir aussuchen kannst lohnt ein Anruf beim Tourismusbüro Schladming unter der Nummer + 43 3687 22777 22. Dort weiß man Bescheid, wann die Hütten voll belegt sind.


So viel zu den Basics, jetzt kommen die Tipps.
1. Pack die Badehose ein
Der Schladminger Höhenweg ist gese(e)gnet. Wie Sommersprossen oder Kuhflecken verteilen sich die Bergseen über das ganze Gebiet. Kaum ein Tag, an dem du deine Füße nicht in einen See halten – oder für die ganz Harten gleich ganz reinspringen – kannst. Am ersten Tag zum Beispiel in den Brettersee auf 2.155 Metern oder in einen der Giglachseen auf 1.921 Metern Seehöhe. Am vierten Tag wanderst du durch die Hochebene der Klafferkessel auf circa 2.300 Metern und kommst an 30 Seen vorbei.


Allerdings gilt die Faustregel: Je höher und tiefer der See, desto kälter das Wasser. Mein Favorit ist deshalb der Duisitzkarsee auf 1.660 Metern. Du erreichst ihn an Tag zwei über eine alternative Route. Dabei brauchst du eine Stunde länger als über die Rotmandlspitze – wirst aber mit einem pittoresken Bergsee belohnt. Und vom Steg der Duisitzkarseehütte kannst du – Augen zu und durch – ins kühle Nass springen!
2. Die Kuh hat Vorrang
Österreich diskutiert – nicht erst seit dem berühmten „Kuh-Urteil“, das einem Bauern im Pinnistal die Teilschuld am Tod einer deutschen Wanderin, die von einem seiner Muttertiere zu Tode getrampelt wurde, gab – immer wieder darüber, wie man Touristen den Umgang mit Weidevieh nahe bringen kann. Die österreichische Wirtschaftskammer, das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, der Alpenverein und die Landwirtschaftskammer haben eine Informationskampagne gestartet und auf sichere-almen.at Verhaltenstipps verständlich aufbereitet. Animationsvideos inklusive.
Der Inhalt der Kampagne kurz zusammengefasst: Gehe passiv in großem Abstand an der Kuh vorbei – das gilt vor allem bei Muttertieren. Kommt die Kuh auf dich zu, gehe ruhig davon ohne ihr den Rücken zuzuwenden. Hast du einen Hund mit, halte ihn an der kurzen Leine und von der Kuh fern. Attackiert sie, lass ihn von der Leine.


Die Faustregel ist: Lässt du die Kuh in Ruh, tut sie nichts. Dass sich das viele erst merken müssen, weiß eine Hüttenwirtin zu erzählen. Sie hat erlebt, wie Touristen, der auf den Rücken einer ihrer Weidekühe kletterte, um sie zu reiten. Das ist dumm und gefährlich, besonders bei einem Fluchttier. Ihre Meinung: „Man muss eher die Kühe vor den Touristen schützen als umgekehrt.“ Darum: Sei nicht dumm und give a little respect to the cow.
3. Richtig high am Hochgolling
2.862 Meter – höher kommst du in den Niederen Tauern nicht. Die Besteigung des Hochgolling, dieses spröden, schwarzen Kolosses, ist nicht Teil der klassischen Tour. Am dritten Tag kannst du sie aber einbauen. Gegeben du hast noch ein bisschen Kraft nach dem Aufstieg auf die Gollingscharte von knapp 1.800 auf 2.326 Meter.

Um dir ein paar Höhenmeter und damit auch Kräfte zu sparen kannst du ober der Landawirseehütte, die auf 1.985 Metern liegt auf den Gebirgssteig abbiegen. Dazu folgst du dem letzten Schild vor der Hütte und gehst von dort zur Scharte. Dort lässt du deinen Rucksack zurück (Wasser und Handy einpacken) und beginnst den Aufstieg. Such dir auf jeden Fall jemanden, der mit dir geht. Im unteren Teil ist die Wegbeschreibung verwirrend, da helfen zwei konzentrierte Augenpaare. Dann wird es steiler und es kommen einige „Kraxelpassagen“. Der Ausblick entlohnt die Anstrengung.
Aber: Der dritte Tag mit seinen 960 Höhenmetern strengt auch ohne Gollinggipfel an. Wenn du an der Scharte erschöpft bist, lass den Aufstieg lieber aus. Atemberaubende Blicke auf die angrenzenden Bergmassive kriegst du spätestens am Folgetag vom Gipel des Greifenberg der mit seinen 2.618 Meter auch noch richtig hoch ist.
4. Knie schützen – auch für junge Hüpfer!
Egal, wie jung und fit du bist vor Schmerzen im Knie ist keiner gefeit. Das musste ich selbst schmerzlich erfahren. Denn wie immer beim Wandern gilt auch am Schladminger Höhenweg: Wer oben war, muss auch wieder runter. Und winige Etappen verlangen den Knien ganz schön was ab. Die härteste ist wohl der dritte Tag. Da musst du von der Gollingscharte zur Gollinghütte in kurzer Zeit 675 Meter absteigen. Wenn du am Hochgollinggipfel warst sind es sogar 1.211 Meter. Und das über rutschiges Geröll. Da kann es nicht schaden ein bisschen Mitgefühl mit seinen Knien zu haben. Am Besten geht das mit Wanderstecken, die dein Gewicht verlagern und Kniestützern, die wie der Name schon sagt deine Knie unterstützen.
5. Bei den Muskelkühen auf der Waldhornalm
Der vierte Tag des Schladminger Höhenwegs hat so einige Wunder in petto. Da ist einmal der Blick von Greifenberg auf das Dachsteinmassiv. Da ist dieses Gefühl, am Mars zu sein wenn du durch den Klafferkessel wanderst (abgesehen von den blitzblauen Bergseen, die gibts am Mars natürlich nicht.) Und dann ist da am Ende der Strecke die Waldhornalm.
Neben der hochwertig restaurierten, großräumigen Preintalerhütte wirkt sie ein bisschen wie aus der Zeit gefallen. Lauscht man beim knisternden Herdfeuer im Stüberl den Geschichten der jungen Hüttenwirtinnen, der Opa weise nickend auf einem Holzschemel in der Ecke, will man gar nicht mehr in die moderne Zeit zurück. Die drei bewirtschaften die urige Holzhütte knapp drei Monate im Jahr. Sechs Kühe weiden auf der Alm. Sie liefern Milch für Steiererkäse, Butter, Buttermilch und die Milch zum Frühstückskaffee. Die schmeckt wie früher, als man sie noch beim Bauern in der Glasflasche holte.

Im Juli ist sie von den frischen Bergblumen die die Kühe fressen leicht gelblich, erzählen die Wirtinnen. Und auch, dass einmal ein Tierarzt aus Norddeutschland vorbeikam, der große Milchbetriebe betreut. „Er hat gesagt, er hat gar nicht gewusst, dass Kühe solche Muskeln haben können“, erzählen sie nicht ohne Stolz. Ein halber Liter Milch der Muskeltiere kostet drei Euro. Sechs zahlt man für das Frühstück, elf Euro für die Übernachtung im Lager. Reservieren solltest und kannst du unter +43 3687 61475.
